Luigi Colani und die Initialzündung des Bad-Designs

17.9.2019
Er mochte noch so umstritten und polarisierend gewesen sein, die Design-Ikone Luigi Colani hat das Badezimmer in Zeitalter des Designs katapultiert. 1975, als alle etablierten Sanitärhersteller noch in traditionellen Formen schwelgten, sorgte er vom saarländischen Mettlach aus für eine Design-Revolution im Badezimmer. Und das bei einem Konzern, von dem man bis dahin derart revolutionäre Produktformen nicht erwartet hatte. Die Villeroy & Boch AG aber ließ ihn mit seinen futuristischen und organischen Formen gewähren, was, hört man Berichte von Zeitzeugen, den Produktentwicklern den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Mitte September 2019 ist Colani im Alter von 91 Jahren gestorben.
Erst Jahre später begannen auch andere Sanitärhersteller, sich mit dem Thema Design im Badezimmer auseinander zu setzen. Ob Colani damals wirklich nur von der Idee getrieben wurde, das Badezimmer zu einem Wohn- und Lebensraum zu machen, oder ob es ihm vor allem um die Transformation überlieferter Formen in seine Welt der Aerodynamik und Natürlichkeit ging, ist eine Frage der Betrachtung. Colani stellte bei seinen Entwürfen für Waschbecken, WC, Bidet, Urinal den Menschen in den Mittelpunkt. Das Resultat waren körpergerechte Formen, die den menschlichen Bewegungsabläufen im Bad angepasst waren. So kooperierten ästhetische Ansprüche mit der Ergonomie, Hauptanliegen bei allen seinen Entwürfen. Die Kollektion Luigi Colani war dem zeitlosen Fluss des Wassers und den natürlichen Bewegungsabläufen des Menschen nachempfunden, ohne Ecken und Kanten, die stoßgefährlich oder schwer zu reinigen wären. Colanis Credo nicht nur im Bad: „Meine Welt ist rund“.

Wobei die scheinbar nicht realisierbaren Entwürfe in auffälliger Weise demonstrierten, über welche technischen Möglichkeiten die Industrie auch damals schon verfügte. Für Villeroy & Boch begann eine neue Ära. Von nun an prägte das Design die Sanitärkollektionen und noch im Laufe der siebziger Jahre begann man damit, den Erwartungen der Konsumenten an ihr „Wohnbad“ auch in Bezug auf ergänzende Badartikel nachzukommen. Das Angebot wurde reichhaltiger, nicht zuletzt ergänzt durch eine Farbpalette, die das emotionale Element und die Individualität des Einzelnen berücksichtigte.
Colanis Ausflüge in die Welt des Bades waren mit Villeroy & Boch nicht beendet. Für den Armaturenhersteller Grohe hat er eine Armaturenserie entworfen. Und auch dem Fach „keramische Fliese“ wollte er Anfang der 1990er-Jahre seinen Stempel aufdrücken mit einer Fliesenserie namens „Aerodyne“ für den damaligen Fliesenhersteller Agrob Wessel Servais (AWS).
Die Serie bestand aus Signet-Fliesen mit dem Signet von Luigi Colani in Gold und Platin und Weiß matt glasierten Unifliesen. In typischer Colani–Art bestanden die Dekorfliesen der Serie Aerodyne I und II aus geschwungenen Linien, ähnlich den Wellen, die sich nach einem Steinwurf in einem See bilden. Das Zentrum dieser konzentrischen ovalen Linien bildete bei dem anthrazitfarbenen Dekor ein blauer Glasstein, der in einem zusätzlichen Brand auf die Glasuroberfläche aufgeschmolzen wurde. Wie Insider berichten, blieben Colanis Fliesen allerdings nur wenige Jahre im Programm des Fliesenherstellers.
Luigi Colani wurde am 2. August 1928 in Berlin geboren. Er studierte Bildhauerei und Malerei an der Berliner Kunstakademie und später Aerodynamik und Ultraleichtbau an der École polytechnique in Paris. Für namhafte Hersteller designte Colani Autos und Rennwagen, aber auch Möbel, Geschirr, Kameras und Kleidung. Berühmt wurde er durch seine unverwechselbare Formensprache, die seine Kenntnisse in Aerodynamik und Ergonomie mit seiner Liebe zu organischen, biomorphen Designs vereinte.

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