Keramische Kreativität im Praxistest
17.7.2018
Bereits zum vierten Mal hatte der Keramikhersteller Agrob Buchtal 2017 seinen Kreativ-Wettbewerb „Tile Award“ ausgelobt und junge Architektinnen und Architekten aufgefordert, neue und möglichst unkonventionelle Ideen rund um keramische Fliesen zu entwickeln. Der Unterschied zu anderen Ideen-Wettbewerben: Die Entwürfe der Gewinner werden auch realisiert. Ob sie dann in „Serie“ gehen, bleibt natürlich offen, aber immerhin müssen sie den Praxistest über sich ergehen lassen.
Der Kreativwettbewerb des Architekturkeramik-Herstellers richtete sich auch in der vierten Auflage an junge Architekten im Alter bis 38 Jahren mit der Zielsetzung, die gestalterischen Möglichkeiten von Keramikfliesen experimentell auszuschöpfen. Die Resonanz war bereits bei der Premiere der Ausschreibung 2010 so groß, dass der Wettbewerb 2012 und 2014 fortgesetzt und 2017 nun zum vierten Mal ausgelobt wurde.
Gesucht wurden frische Ideen zum Thema „Farbe und Muster in der Architektur“. Dabei sollten Räume innovativ mit Keramikfliesen gestaltet werden, um so die vielfältigen Möglichkeiten dieses Baumaterials und Kulturgutes aufzuzeigen. Bis Ende Mai 2017 konnten Entwürfe in den Kategorien „Health/Care“, „Mobile/Transit“ und „Shop/Show“ eingereicht werden.
Teamwork in entspannter Atmosphäre: Während eines Workshops in Island konkretisierten die Nominierten ihre Ideen (Foto: Agrob Buchtal)
Die Entwürfe der Preisträger mussten zum Praxistest auf eine "Muster-Baustelle".
In einer ersten Sitzung wählte die Fachjury aus 63 eingereichten Arbeiten aus 20 Ländern die neun besten Entwürfe aus. Deren Verfasser wurden im Herbst 2017 zu einer Workshop-Reise nach Island eingeladen, um dort ihre Entwürfe zusammen mit Fachleuten von Agrob Buchtal zu diskutieren und weiter zu entwickeln (SKS berichtete in Ausgabe 1.2018).
Nach Ansicht des Veranstalters wurde auch bei der Neuauflage des „Tile Awards“ die Grund-Intention erreicht: Die Resultate hätte durch ideenreiche und ungewöhnliche Umsetzung der Aufgabenstellung überzeugt. Im Januar 2018 kürte die Fachjury dann die drei Gewinner, deren Entwürfe im 1. Halbjahr 2018 im Originalmaßstab gebaut wurden.
(Alle Fotos: Agrob Buchtal)
Die Preisträger:
Agnes Tröger-Morguet
Agnes Tröger-Morguet (vom Büro Agnes Morguet Innenarchitektur & Design aus Köln) wollte mit ihren Konzept „Stay Unique“ das schöpferische Potenzial von Fliesen für das Seniorenwohnen einzusetzen, um Geschichten zu erzählen, Themenwelten zu schaffen oder Bereiche differenziert zu zonieren, ob Flure, Speise-Säle, Apartments, Aufenthaltsräume oder Badezimmer. Ornamente, Bilder, Motive und exakt definierte Farbflächen erlauben Einrichtungen für die ältere Generation, die anregend oder beruhigend gestaltbar sind, ermöglicht durch eine großzügige Farb- und Formatpalette und dem daraus resultierenden Pixel-Katalog, der immer wieder neu kreativ arrangiert werden kann.
Andreas Crynen
Bei dem Entwurf „RE:Tile“ von Andreas Crynen (Ingenhoven Architects, Mönchengladbach) wird mit einem Muster aus zweidimensionalen Fliesen ein dreidimensionaler Effekt erzeugt. Das Konzept überzeugt durch Einfachheit: Die Komposition aus wenigen unterschiedlichen Varianten eröffnet mannigfaltige Möglichkeiten im Bereich Interior Design, z.B. im Ladenbau. Graue und schwarze Fliesen bilden den idealen Rahmen für markantes Orange. Das Ergebnis sind keramische Wand- und Bodenbeläge, die plastisch-lebendig wirken und durch die haptische Anmutung von Fliesen einen spürbaren Mehrwert bieten im Vergleich zu einer rein grafischen Umsetzung.
Avishkar Bharati
Ein weiteres Gewinner-Konzept ist "Transmittance" von Avishkar Bharati (JDAP Design-Architecture-Planning, IN-Mumbai). Hier definieren Keramikfliesen einen neuen Raum: Die wellenförmige Wand aus aufgefädelten keramischen Rohren (die üblicherweise an Fassaden eingesetzt werden) bildet eine Art Pavillon, durchzogen von Farbe und Licht. Die keramischen Rohre sind beweglich und animieren Besucher zur Interaktion, die so eine eigene Farb- und Musterwelt schaffen können. Das einfallende Licht wird von den glasierten Oberflächen reflektiert und kreiert so ein sinnliches Erlebnis. Auch die Flexibilität überzeugt: Wie ein Nomadenzelt könnte der Pavillon auf Plätzen, in Parks oder Innenräumen aufgestellt werden.